Festakt

Pressemitteilung und Programm

Sudetendeutsche Stiftung
Rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts
P r e s s e m i t t e i l u n g
Festakt am 25. Januar 2006 anlässlich des 20jährigen Bestehens des
Sudetendeutschen Hauses
Mit dem Wunsch, „…dass dieses Haus entsprechend seiner Bestimmung dazu beiträgt, die Geschichte und Kultur des Deutschtums in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien für künftige Generationen zu erhalten und zugleich Brücken der Verständigung zu bauen“, hat der damalige Ministerpräsident Dr. Franz Josef Strauß am 14.12.1985 das Sudetendeutsche Haus in München seiner Bestimmung übergeben.
Die Sudetendeutsche Stiftung als Trägerin möchte mit einem Festakt am 25. Januar 2006 daran erinnern und dabei auf die besondere Bedeutung des Sudetendeutschen Hauses auch für einen sudetendeutsch-tschechischen Dialog aufmerksam machen.
Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber wird die Festrede halten. Der Festakt wird von den Münchner Symphonikern unter der Leitung von Chefdirigent Heiko Mathias Förster musikalisch umrahmt.
Programmablauf:
Musik
Wolfgang Amadeus Mozart
„Jupiter-Sinfonie“ C-Dur KV 551
1. Satz „Allegro vivace“
Begrüßung
Dr. Hartmut Singbartl
Vorsitzender des Vorstandes der Sudetendeutschen Stiftung
Grußwort
Johann Böhm
Landtagspräsident a.D., Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe
Musik
2. Satz „Andante cantabile“
Festansprache
Dr. Edmund Stoiber
Ministerpräsident des Freistaates Bayern
und Vorsitzender
des Stiftungsrates der Sudetendeutschen Stiftung
Musik
4. Satz „Molto allegro“
Empfang Vorsitzender des Stiftungsrates: Der Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber, MdL
Vorsitzender des Stiftungsvorstandes: Dr. Hartmut Singbartl

Begrüßung durch den Vorsitzenden

Festakt zum 20jährigen Jubiläum des Sudetendeutschen Hauses
am 25. Januar 2006
Begrüßung durch Dr. Hartmut Singbartl,
Vorsitzender des Vorstands
der Sudetendeutschen Stiftung
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
verehrte Festgäste,
liebe Landsleute und Freunde des Sudetendeutschen Hauses,
im Namen der Sudetendeutschen Stiftung heiße ich Sie herzlich willkommen hier im Sudetendeutschen Haus, an dessen Eröffnung vor 20 Jahren wir erinnern und auf dessen besondere Bedeutung wir dabei aufmerksam machen wollen.
Mit dem Wunsch, „…dass dieses Haus entsprechend seiner Bestimmung dazu beiträgt, die Geschichte und Kultur des Deutschtums in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien für künftige Generationen zu erhalten und zugleich Brücken der Verständigung zu bauen“, hat Ministerpräsident Franz Josef Strauß am 14.12.1985 das Sudetendeutsche Haus in München seiner Bestimmung übergeben.
Mit eben diesem Ziel trägt und betreibt die Sudetendeutsche Stiftung seit nunmehr zwei Jahrzehnten im Zusammenwirken mit allen beteiligten Institutionen erfolgreich das in gemeinsamer Verantwortung von Stiftung und Freistaat Bayern geschaffene Sudetendeutsche Haus.
Ein Blick noch weiter zurück in die Vergangenheit erinnert uns in diesen Tagen freilich auch an ein anderes Datum, das uns besonders betrifft und den eigentlichen Hintergrund dieses Hauses wieder deutlich ins Bewusstsein rückt.
Fast taggenau vor 60 Jahren, nämlich am 19. Januar 1946 traf der erste von insgesamt 764 organisierten Eisenbahntransportzügen mit zusammen 777130 Heimatvertriebenen, zumeist Sudetendeutschen, allein im Jahr 1946 in Bayern ein.
Was hinter diesen Zahlen an namenlosem Elend, zahllosen Einzelschicksalen von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit stand, ist heute kaum mehr vorstellbar. Die Eingliederung dieser Menschen, ohne dass es zu Chaos und Anarchie gekommen war, kann nur im geschichtlichen Kontext des Gesamtvorgangs begriffen werden.
Eine beispiellose Hilfsbereitschaft des weit überwiegenden Teils der einheimischen Bevölkerung, ein großartiger Einsatz von Wohlfahrtsorganisationen, kommunalen und kirchlichen Stellen und die politische Weitsicht und Solidarität der Bayerischen Staatsregierung haben dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Hinzu kam ein unbändiger Selbstbehauptungs- und Aufbauwille der Betroffenen selbst.
Für die nach der Vertreibung in Zerstreuung lebenden Sudetendeutschen verstand sich der Wunsch nach einem räumlichen und geistig- kulturellen Mittelpunkt von selbst. Die Unterstützung durch den Freistaat Bayern aus der 1954 übernommenen Schirmherrschaft und der eigene Beitrag der Sudetendeutschen dazu durch die Stiftung wie aber auch durch eine großartige Spendenbereitschaft darüber hinaus haben seine Erfüllung möglich gemacht.
Das Sudetendeutsche Haus ist Symbol des Selbstbewußtseins der Sudetendeutschen und sichtbarer Ausdruck ihres Willens, ihre geschichtliche und kulturelle Identität dauerhaft zu bewahren.
Es ist aber gleichzeitig unübersehbares und bleibendes Kennzeichen bayerischer Schirmherrschaft und Symbol der besonderen Verbundenheit der Sudetendeutschen mit dem Freistaat Bayern.
Mit großer Freude und Dankbarkeit begrüße ich ganz herzlich unseren Schirmherrn, den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber.
Herr Ministerpräsident, die Sudetendeutschen wissen, was sie dem Freistaat Bayern zu verdanken haben und wie sehr sie sich der Unterstützung der bayerischen Staatsregierung gewiß sein können. Die Sudetendeutschen wissen, wie sehr Sie sich auch ganz persönlich mit uns verbunden fühlen nicht zuletzt durch Ihre verehrte Gattin, die ich ebenfalls ganz herzlich hier willkommen heiße.
Meine Damen und Herren, liebe Landsleute,
neben mitmenschlicher Solidarität und eigenem Überlebenswillen haben vor allem auch die Kraft und der Trost des Glaubens die vielfache Entrechtung und Erniedrigung vor 60 Jahren überstehen und früh die Hand zur Versöhnung reichen lassen.
Mit der Erinnerung daran grüße ich die Vertreter der Kirchen, - an ihrer Spitze den Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für Vertriebenen– und Aussiedlerseelsorge, Exzellenz Weihbischof Gerhard Pieschl.
Für das Erzbischöfliche Ordinariat München begrüße ich Frau Ordinariatsrätin Dr. Elke Hümmeler und in Vertretung des evangelischen Landesbischofs Dr. Friedrich Herrn Dekan Andreas Weigelt. Ich begrüße den Abt der Benediktinerabtei Rohr, Gregor Zippel, Pater Angelus Waldstein von Ettal, Herrn Stadtpfarrer Albert Zott und nicht zuletzt den Visitator für die Sudetendeutschen und Vorsitzenden des Sudetendeutschen Priesterwerks, Pater Norbert Schlegel.
Schon aus ihrer Geschichte und ihrem Schicksal heraus sind die Sudetendeutschen besonders interessiert an Freundschaft und Kontakten mit allen Völkern und Nationen. Stellvertretend für sie begrüße ich das Konsularische Korps mit dem slowakischen Generalkonsul, Herrn Peter Misik, sowie Herrn Konsul Osiak vom polnischen und Herrn Konsul Jan Hlousek vom tschechischen Generalkonsulat in München.
Ich danke Ihnen, dass Sie zu uns gekommen sind.
Gleichzeitig begrüße ich den Leiter des Tschechischen Zentrums in München, Herrn David Stecher. Erfreulicherweise finden immer wieder wichtige und interessante Veranstaltungen des Tschechischen Zentrums auch im Sudetendeutschen Hause statt.
Ich freue mich, dass so viele Gäste und Repräsentanten des öffentlichen Lebens unserer Einladung gefolgt sind und dadurch ihre Verbundenheit mit uns und unserem Haus bekunden.
Ganz herzlich begrüße ich die Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags und frühere Sozialministerin, Frau Barbara Stamm. Ich begrüße Herrn Staatssekretär Dr.Otmar Bernhard. Zugleich in Vertretung des Fraktionsvorsitzenden der CSU im Landtag, Joachim Herrmann, begrüße ich die Vorsitzende des Arbeitskreises Vertriebenenpolitik, Frau Abgeordnete Christa Matschl und mit ihr Herrn Abgeordneten Reinhard Pachner, sowie in Vertretung des Vorsitzenden der SPD Fraktion, Franz Maget, Frau Abgeordnete Christa Naaß.
Ich freue mich auch sehr, den ehemaligen bayerischen Sozialminister, Herrn Dr. Gebhard Glück unter unseren Gästen willkommen heißen zu dürfen.
Für die bayerischen Bezirke, die über die „Sudetendeutsche Heimatpflegerin“ hier im Haus und durch das Sudetendeutsche Musikinstitut in Regensburg mit uns in besonderer Weise verbunden sind, begrüße ich die Bezirkstagspräsidenten von Oberbayern, unseren Landsmann Franz Jungwirth, und der Oberpfalz, Herrn Rupert Schmid, sowie die Bezirksheimatpfleger von Oberbayern, Stefan Hirsch, und von Schwaben, Dr. Peter Fassl.
Für die Landeshauptstadt München darf ich zu meiner Freude Frau Stadträtin Mechthild Wittmann willkommen heißen, die trotz der gleichzeitig stattfindenden Plenarsitzung des Stadtrats zu uns gekommen ist.
Ich freue mich, dass ich auch die mit uns verbundene Beamtenschaft, hochrangig repräsentiert durch den Amtschef der Bayerischen Staatskanzlei, Ministerialdirektor Dr.Walter Schön ,den Amtschef des Sozialministeriums, Ministerialdirektor Friedrich Seitz und den Regierungspräsidenten von Oberbayern Christoph Hillenbrand, hier begrüßen kann.
Für die Bayerische Akademie der Wissenschaften begrüße ich mit Freude Herrn Prof.Dr.Roland Bulirsch.
Zugleich stellvertretend für unsere vielen bayerischen Freunde und Begleiter begrüße ich den Präsidenten der Bayerischen Einigung, Herrn RA Florian Besold.
Der enge Kontakt und die Zusammenarbeit mit den zahlreichen Vertriebenenorganisationen und Landsmannschaften sind für uns und dieses Haus immer wertvoll und wichtig.
Ich begrüße, auch in Vertretung von Frau Erika Steinbach, die Vizepräsidenten des Bundes der Vertriebenen, die Herren Albrecht Schläger, Wilhelm von Gottberg, zugleich Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, und Mathias Sehling, letzterer auch für den bayerischen Landesverband ,und mit ihnen alle Vertreter der Landsmannschaften in Bund und Bayern.
Grußbotschaften haben übermittelt neben Frau Steinbach und dem Präsidenten des Ostdeutschen Kulturrats, Prof. Schulz, auch Dr. Otto von Habsburg, der es bedauert, wegen eines Auslandsaufenthalts nicht unter uns zu sein.
Ich freue mich über den zahlreichen Besuch der sudetendeutschen Organisationen und Gliederungen. Ich kann nicht alle begrüßen. Dafür haben Sie Verständnis. Stellvertretend heiße ich den Sprecher der Sudetendeutschen und früheren Landtagspräsidenten Hans Böhm zusammen mit dem Ehrenvorsitzenden Staatsminister a.D. Franz Neubauer und dem Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, dem Europaabgeordneten Bernd Posselt willkommen.
Ich sehe Walli Richter, Franz Pany und viele andere, die mit diesem Haus immer eng im Zusammenhang standen.
Eine ganz besondere Freude ist es mir, meinen Freund und Amtsvorgänger im Vorstandsvorsitz der Sudetendeutschen Stiftung, Dr. Fritz Wittmann, mit seiner lieben Gattin willkommen heißen zu können. Ich denke, dieses Haus ist ein Stück seines Lebens. Dafür nochmals herzlichen Dank, gerade heute und von dieser Stelle aus.
Mit Fritz Wittmann danke ich allen, die sich um den Bau und den 20jährigen Betrieb des Sudetendeutschen Hauses besonders verdient gemacht haben.
Viele sind unter uns. Stellvertretend nenne ich das langjährige Vorstandsmitglied
der Sudetendeutschen Stiftung, Herrn Oskar Böse, für die weit in die 1970er Jahre zurückreichende Planung und Entwicklung die Herren Jörg Kudlich, damals noch im Arbeitsministerium, und Nestler vom damaligen Landbauamt München.
Beigetragen zur Finanzierung des Hauses über den Freistaat Bayern hinaus haben im großzügigen Umfang auch die Bayerische Landesstiftung und viele Patengemeinden. Ich begrüße dankbar den Vorstandsvorsitzenden der Landesstiftung, Herrn Staatsminister a.D. Hans Maurer, und die anwesenden Vertreter der Patenstädte und- gemeinden, namentlich Herrn Alfred Hofmaier für die Patenstadt der Sudetendeutschen Regensburg und Herrn 1. Bürgermeister Gerd Geismann.von Sulzbach-Rosenberg.
Herzlich danken für die großherzige Unterstützung bei Unterhalt und notwendiger weiterer Ausgestaltung des Hauses möchte ich vor allem den vielen Freunden und Gönnern, die mit ihren Spenden dazu geholfen haben und weiter dazu beitragen wollen, daß die Herkunft und das Schicksal der Sudetendeutschen durch dieses Haus dauerhaft im Bewusstsein erhalten bleiben.
Nicht zuletzt und ganz besonders begrüße ich diejenigen, die dieses Haus mit Leben erfüllt haben und es mit ihrer Arbeit, ihrer Reputation und ihren Kontakten lebendig erhalten, nämlich die Repräsentanten und Mitarbeiter der Institutionen im Sudetendeutschen Haus selbst.
Ich begrüße mit Freude neben den Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft Herrn Professor. Dr. Martin Schulze Wessel als Vorsitzenden des Collegium Carolinum, Herrn Dr. Peter Becher zusammen mit Baronin Dr. Johanna von Herzogenberg für den Adalbert Stifter Verein, Herrn Dr. Richard Grill für das Sudetendeutsche Archiv und Herrn Professor Dr. Walter Jaroschka für die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste.
Ich freue mich sehr, dass Sie alle mitfeiern und dadurch bekunden, dass Ihnen dieses Haus wichtig und wertvoll ist.
Meine Damen und Herren, liebe Landsleute, dass wir zu diesem Festakt mit den Münchner Symphonikern ein Orchester der Spitzenklasse trotz seiner vielen Verpflichtungen in München, in Bayern und der weiten Welt gewinnen konnten, ist für uns und dieses Haus ein Ereignis besonderer Art.
Dafür danke ich Ihnen, Herr Förster, und Ihren Damen und Herren ganz außerordentlich. Unser Sudetendeutsches Haus kann durch Sie nicht nur weithin sichtbar, oder besser hörbar machen, dass es zu den besonderen Kultureinrichtungen dieser Stadt und unseres Landes gehört. Sie bieten uns mit einem großen musikalischen Genuß auch die Gelegenheit, dem Musikwunder Wolfgang Amadeus Mozart, dem die ganze Welt gerade in diesen Tagen zu seinem 250. Geburtstag zujubelt und zu dem auch wir über seine Verbindung mit Prag unsere eigene Beziehung haben, auch von hier aus in so wunderbarer Weise die Reverenz zu erweisen.
Ich begrüße insbesondere auch den ersten Gastdirigenten der Münchner Symphoniker, Herrn Philipe Entremont, und den Intendanten dieses großartigen Orchesters, Herrn Hans Brünig, unter uns.
Meine Damen und Herren,
das Sudetendeutsche Haus hat den maßgebenden sudetendeutschen Verbänden und Institutionen bestmögliche räumliche Arbeitsbedingungen geschaffen. Das Haus wurde beliebter Ort für Tagungen, Vorträge, Ausstellungen und sonstige Veranstaltungen vieler Art. Es wurde Anziehungspunkt für Wissenschaftler, Bibliotheksnutzer, Journalisten und persönlich interessierte Besucher aus dem In- und Ausland.
Politische Repräsentanten aus Bund und Land wie des Europäischen Parlaments konnten ebenso in diesem Haus begrüßt werden, wie Vertreter des Tschechischen Exils vor der Wende und Persönlichkeiten aus Kirche und Staat der Tschechischen Republik nach 1989.
Das Sudetendeutsche Haus wurde Veranstaltungsort der vom Collegium Carolinum regelmäßig durchgeführten Bohemistentreffen, wie der Jahrestagungen der Sudetendeutschen Akademie und vielfältiger kultureller Begegnungs- und Verbandstreffen im landsmannschaftlichem Bereich.
Auch die spezifischen Einrichtungen des Hauses, wie die vom Collegium Carolinum betreute „Wissenschaftliche Bibliothek“ und die umfangreichen archivalischen und dinglichen Sammlungen des Sudetendeutschen Archivs ziehen fachlich interessierte Menschen an. Interessante kulturhistorische und repräsentative Ausstellungen führen Besucher ins Haus.
Die Ergänzung des Hauses um einen besonderen musealen Teil steht noch aus. Schon nach der Vorlage zum grundlegenden Beschluss der Staatsregierung von 1974 sollte das Sudetendeutsche Zentrum als ein Ort der Information, der Wissenschaft und Bildung neben einem Zentralarchiv und einer Zentralbibliothek auch einen repräsentativen Museumsteil umfassen.
Die weitere Ausgestaltung des Sudetendeutschen Hauses durch eine ständige Präsentation und anschauliche Dokumentation der Geschichte der Sudetendeutschen und ihrer Heimatregionen ist unverzichtbar und auch deshalb notwendig, um die öffentliche Wahrnehmung des Hauses zu verstärken, seinen besonderen Charakter über die persönlich Betroffenen und das Fachpublikum hinaus auch für die allgemeine Öffentlichkeit sichtbarer zu machen.
Die Zeit drängt.
Neben der Unterstützung durch unsere Landsleute und Gönner setzen wir dabei wieder auf die Hilfe des Schirmlands Bayern, aber auch auf den Bund.
Besonders kommt es dazu auf die in dem Haus tätigen und mit ihm verbundenen Einrichtungen an, auf ihr Engagement, die Qualität ihres Wirkens und ihre Zusammenarbeit.
Es war kein Zufall, dass das seit 1955 zur Sammlung, Aufbereitung und Dokumentation von wissenschaftlichem Grundlagenmaterial bestehende Sudetendeutsche Archiv ebenso wie das 1956 als Wissenschaftliche Forschungsstelle für die Böhmischen Länder entstandene Collegium Carolinum und der 1947 als sudetendeutsches Kulturwerk gegründete Adalbert Stifter Verein zusammen mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft, der Sudetendeutschen Akademie, der Arbeitsstelle für die sudetendeutsche Heimatpflege und dem Sudetendeutschen Rat eine gemeinsame Unterbringung in diesem Haus fanden.
Die räumliche Nähe der verschiedenen selbstständigen Institutionen mit ihren selbstverständlichen inhaltlichen Verbindungen und Zusammenhängen kennzeichnet gerade dieses Haus. Darin besteht sein besonderes Potential.
Ziel ist, das Haus bei seiner einzigartigen Lage im Zentrum Münchens in unmittelbarer Nähe zu den großen Kultureinrichtungen der Stadt, in seiner direkten Nachbarschaft zum staatlichen Haus des Deutschen Ostens und in dem idealen räumlichen Zusammenhang der in ihm untergebrachten Institutionen noch mehr auch zu einem modernen Zentrum der Forschung und Dokumentation, zu einer zentralen Informationsstelle, zu einer Stätte der Begegnung und Kommunikation weiterzuentwickeln und auszugestalten.
In den 20 Jahren seines Bestehens hat das Sudetendeutsche Haus seine Aufgabe für die mit ihm verbundenen Institutionen erfolgreich wahrgenommen und damit wesentlich zur Erhaltung der Lebenskraft der sudetendeutschen Gemeinschaft beigetragen. Es ist zur geistigen Heimat der Sudetendeutschen geworden.
Als räumlicher und geistig- kultureller Mittelpunkt soll und wird das Sudetendeutsche Haus dauerhaft zur Sicherung des Wissens um die Herkunft, um die Geschichte und das Schicksal der Sudetendeutschen dienen.
Und als Ort der Begegnung kann und soll das Sudetendeutsche Haus auch ein wichtiger Kristallisationspunkt des Austauschs und des Dialogs und damit eine Brücke des gegenseitigen Verständnisses und der Verständigung sein.
Festakt zum 20jährigen Jubiläum des Sudetendeutschen Hauses
am 25 .Januar 2006

Grußwort d. Sprechers d. Suddt. Volksgruppe

Grußwort des Sprechers der sudetendeutschen Volksgruppe, Landtagspräsident a.D. Johann Böhm,
anläßlich des 20jährigen Jubiläums des Sudetendeutschen Hauses
Mittwoch, 25. Januar 2006
Ein alter Bauer aus dem Bayerischen Wald wurde einmal im Rundfunk gefragt, was sein wichtigster Wunsch sei: „Dahoam sei, wann´s auf d´Nacht zugeht“ meinte er.
Wissen, wo man hingehen kann, wenn der Tag endet, nicht obdachlos, nicht auf der Straße angesiedelt sein – das berührt die Menschen existentiell.
Das Bedürfnis des alten Bauern war ein menschlich-individuelles. Können auch Volksgruppen oder Völker ein solches Bedürfnis haben? Sicherlich. Sie setzen sich ja aus Individuen zusammen; sie sind geprägt von dem, was ihre Mitglieder empfinden. Auch eine Volksgruppe wie die Sudetendeutschen braucht also eine Heimat; sie braucht zumindest ein Heim als Anlaufstelle.
Das hat sie seit nunmehr 20 Jahren hier im Sudetendeutschen Haus. Als „vierter bayerischer Stamm“ – neben den Altbayern, den Franken und den Schwaben – sind die Sudetendeutschen in Bayern schon lange anerkannt. Sie sind fester Teil der bayerischen Volksgemeinschaft. Aber ein geschlossenes Siedlungsgebiet wie die anderen haben sie nicht. Deshalb ist dieses Haus hier für sie so wichtig; es ist Anlaufstelle und Kristallisationspunkt. Es symbolisiert Heimat.
Heimat in Bayern – die haben sich die Sudetendeutschen verdient. Arm wie die Kirchenmäuse – wie übrigens alle anderen deutschen Vertriebenen auch – waren sie hier angekommen. Stalin, der kommunistische Machthaber im Osten, war davon ausgegangen, dass in Restdeutschland ein sozialer Sprengsatz gelegt werde, wenn Millionen Verjagte in das ausgebombte, ausgehungerte, durcheinander gerüttelte Land kämen. Aber deutsche Vertriebene wurden kein Faktor der Instabilität, sondern der Stabilität. Sie demonstrierten nicht, sie revoltierten nicht, sie bejammerten sich nicht, sondern krempelten die Ärmel hoch, um Aufbauarbeit zu leisten. Nach vergleichbaren Beispielen – bei dem gewaltigen Ausmaß der Vertreibung – sucht man in der Welt vergebens. Gerade in Bayern war der Impuls, der durch die Zuwanderer ausgelöst wurde, besonders deutlich zu merken. Und hier waren es in erster Linie wiederum die Sudetendeutschen, die ihr handwerkliches, technisches, wissenschaftliches und künstlerisches Können einsetzten. In diesem ihrem Einsatz sahen sie die beste Möglichkeit, Dank dafür abzustatten, dass sie Ersatzheimat eingeräumt erhielten.
Diese Dankbarkeit empfinden sie noch unvermindert über die Jahre hinweg. Sie konkretisiert sich aus aktuellem Anlass in einem „Dankeschön“ für dieses Sudetendeutsche Haus. Gerne, Herr Ministerpräsident, spreche ich es Ihnen gegenüber aus. Dieser Dank ist nicht nur so dahin gesprochen. Dank – das ist bekanntlich die Erinnerung des Herzens. Und deshalb ist es ganz wörtlich zu nehmen, wenn die Sudetendeutschen „herzlich danken“.
Die Tschechen haben durch die Vertreibung der Deutschen unendlich viel menschliches, geistiges und wirtschaftliches Potential verloren. Viele von ihnen meinten wohl, allein die Übernahme des Vermögens der Sudetendeutschen mache sie schon reich. Aber bloße faktische Besitzergreifung genügt halt nicht. Man muss das Übernommene im Sinne Goethes – „erwirb es, um es zu besitzen“ – erwerben, es sich nicht nur anmaßen. Es ist tröstlich und spricht für eine gewisse immanente Gerechtigkeit, dass vieles von dem, was drüben verloren ging, hier in Bayern angekommen ist. Darüber können sich Heimatvertriebene und Heimatverbliebene gleichermaßen freuen.
Dies Haus hier – alles andere als eine Trutzburg, sondern bescheiden und zweckmäßig – breitet sein Dach über vielerlei Aktivitäten und Institutionen. Dr. Wittmann, der langjährige Hausherr, hat immer auf ein breites Spektrum Wert gelegt.
Im Sudetendeutschen Haus residiert die Sudetendeutsche Stiftung als Hausherrin; in ihm erfasst das Sudetendeutsche Archiv Schrifttum und Kulturgut aus der angestammten Heimat; in ihm erforscht das Collegium Carolinum die Geschichte der böhmischen Länder; in ihm hat die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste ihren Sitz; in ihm arbeitet die Leitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft ; in ihm hat der Sudetendeutsche Rat seine Geschäftsstelle; in ihm betreut der Adalbert Stifter Verein das geistige Erbe seines Namensgebers; in ihm gibt eine große Bibliothek Auskunft über alles, was mit Böhmen zusammenhängt; in ihm kümmert sich die Heimatpflegerin der Volksgruppe um das übernommene Volksgut.
In ihm pulsiert bei vielfältigen aktuellen Veranstaltungen ein reiches kulturelles, volkskundliches und religiöses sudetendeutsches Leben. In ihm finden auch tschechische Gäste gerne Aufnahme. Mit großer innerer Anteilnahme haben wir erst vor wenigen Wochen miterlebt, wie der tschechische Senator Barta mit einigen Kollegen vor dem Kruzifix in der Eingangshalle Blumen niedergelegt hat mit den Worten aus dem „Vater unser“: „Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“
In diesem Haus tut sich etwas; hier „lebt es“. Da muss nichts künstlich am Leben gehalten werden. Freilich bleibt die Vergangenheit nicht ausgespart. Der Blick zurück – auf erlittenes Unrecht und auf eigenes Fehlverhalten – ist notwendig. Die Erinnerung befreit ja und sie erlöst, wie Ben Elieser, ein Rabbi, einmal gesagt hat; „das Vergessen dagegen führt ins Exil“. Deswegen halten wir nicht nur uns, sondern auch unseren früheren Landsleuten, den Tschechen, wo es Not tut, auch einmal den Spiegel vor.
Aber der Blick richtet sich primär in die Zukunft. In eine gute, in eine europäische Zukunft. Weil der Blick der hier Tätigen in die Zukunft gerichtet ist, hat dieses Haus selbst Zukunft!

Ansprache des Ministerpräsidenten

Ansprache des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber anlässlich des Festaktes zum 20jährigen Jubiläum des Sudetendeutschen Hauses am Mittwoch, 25.01.2006 in München
In diesen Tagen vor 60 Jahren erreichten die ersten Züge aus dem Sudetenland mit jeweils 1.200 Vertriebenen Bayern. Herausgerissen aus der geliebten Heimat wurden sie zum Treibgut dieser Jahre. Sie strandeten recht willkürlich in einem Dorf, einer Stadt, einem Lager hier in Bayern, das weithin zerstört war und in dem die Menschen selbst Not litten.
Integration der Vertriebenen in Bayern
Allein im Jahre 1946 kamen rund 800.000 Sudetendeutsche nach Bayern, dazu noch Vertriebene aus anderen Regionen wie Schlesien, der Slowakei oder Ungarn. Allein nach Kaufbeuren mit 15.000 Einwohnern kamen 13.000 neue Bürger aus dem Raum Gablonz. Die FAZ sprach damals angesichts der Tausende von Barackenlagern in Deutschland vom "homo barackensis".
Wer hätte damals für möglich gehalten, dass im Grunde ein Jahrzehnt später die Integration geglückt war. Aus dem "homo barackensis" war ein "homo locuples" geworden, ein Mensch, der wieder Grund und Boden, ein Haus oder eine Wohnung hatte.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass dieser Prozess nicht reibungslos verlief, dass es Spannungen zwischen Einheimischen und Vertriebenen gab. Natürlich weiß ich, dass sich viele Bauern aus dem Sudetenland hier als Knechte wieder fanden. Natürlich weiß ich, dass viele Unternehmer nach der Vertreibung zu Arbeitnehmern wurden. Es gab vielfältige Abstiegsprozesse. Und natürlich weiß ich, dass das seelische Leid um den Verlust der Heimat und die Trauer um die Toten nicht nach einer Dekade beendet waren, sondern bis heute andauern.
Aber aus den in Lagern, in Ställen, in Kellern, in Hallen, in Wirtshaussälen untergebrachten Vertriebenen waren um die Mitte der 50er Jahre bayerische Bürger geworden, die wirtschaftlich und sozial weitgehend integriert waren.
Man muss sich das wirklich immer wieder vor Augen halten. Vor 60 Jahren kamen rund zwölf Millionen Vertriebene in die damaligen Westzonen, davon über zwei Millionen nach Bayern. Und zehn Jahre später, vor 50 Jahren, waren die meisten integriert. Dieser Integrationsprozess ist ein Vorgang ohne Beispiel in der Geschichte. Es gab nach dem Krieg das Wirtschaftswunder – und es gab das Integrationswunder. Beides bedingte einander. Ohne Integration, ohne sozialen Frieden, ohne den inneren Zusammenhalt der damaligen Gesellschaft, ohne das mutige Anpacken und das rastlose Schaffen kein Wirtschaftswunder und umgekehrt.
Modernisierungsschub in Bayern durch die Vertriebenen
Das war eine unerhörte, eine großartige Leistung, auf die wir alle zu Recht stolz sein dürfen
– die Einheimischen und die Vertriebenen. Wir feiern ja gerade in diesem Jahr 200 Jahre neues und modernes Bayern. Vor rund 200 Jahren hat Bayern, abgesehen von der Pfalz und von Coburg, seine heutige Gestalt angenommen. Und die Reformen von Montgelas gaben Bayern damals einen beachtlichen Modernisierungsschub.
Auch vor 60 Jahren erhielt Bayern durch die Vertriebenen wiederum einen ganz gewaltigen Modernisierungsschub. Einige Historiker sprechen sogar von einer "importierten Industrialisierung". Es besteht kein Zweifel, dass Bayern durch die Sudetendeutschen und die Heimatvertriebenen enorm profitiert hat. Ich möchte und werde das in diesem Jubiläumsjahr immer wieder herausstellen. Denn diese gelungene Integration, dieser Modernisierungsprozess ist Teil der Geschichte des modernen Bayern.
Die Sudetendeutschen, der 4. Stamm Bayerns
Die Sudetendeutschen wurden dabei unser vierter Stamm, neben den Franken, den Schwaben und den Altbayern, die vor 200 Jahren zusammengefunden haben und zusammen wuchsen. Aus der Vielfalt der Kulturen, der Geschichte und der unterschiedlichen regionalen und mentalen Eigenheiten der vier Stämme erwuchs unsere heutige bayerische Identität. Nirgendwo in Deutschland ist das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen mit ihrem Staat so eng, so emotional, so intensiv wie in Bayern. Darin liegt eine Wurzel für die heutige Stärke und das heutige Gewicht Bayerns im föderalen Deutschland. Die Sudetendeutschen haben dieses Gewicht Bayerns in Deutschland mit gestärkt.
Pflege von Geschichte und Kultur
Diese bayerische Identität wollen wir weiter gemeinsam pflegen. Damit dies so bleibt, muss die regionale Geschichte und Kultur gepflegt werden. Für die Altbayern, die Franken und die Schwaben ist dies relativ leicht. Sie sind umgeben von ihrer Kultur, ihrer Sprache, ihrem Dialekt, ihrer Heimat. Der junge Mensch wächst so ganz natürlich in sein kulturelles Umfeld hinein.
Die Heimatvertriebenen dagegen sind getrennt von der Heimat und leben in der Zerstreuung. Für sie ist es naturgemäß schwieriger, Geschichte, Kultur, Brauchtum zu bewahren und an die junge Generation weiter zu geben. Es bedarf großen ehrenamtlichen Engagements, es bedarf der staatlichen Unterstützung und es bedarf auch effizienter, qualifizierter Strukturen, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden.
An ehrenamtlichem Engagement hat es den Sudetendeutschen nie gemangelt. Was Sie in den vergangenen 60 Jahren für den Zusammenhalt der Volksgruppe, für die Bewahrung der Kultur und Geschichte an Zeit, an Geld, an Ideen, an Innovationen geleistet haben, das verdient höchsten Respekt und hat meine volle Anerkennung. Ich bin auch immer wieder davon angetan, wenn ich bei den Sudetendeutschen Tagen in Nürnberg oder in Augsburg dieses unverrückbare Bekenntnis zur Volksgruppe sehe.
Sudetendeutsches Haus
Ein Beispiel für dieses umfassende Engagement ist ja auch dieses Haus, dessen 20. Geburtstag wir heute feiern. Trotz staatlicher Unterstützung und der Unterstützung durch die Landesstiftung wurde dieses Haus mit erheblichen Eigenmitteln finanziert. In diesem Haus steckt viel Herzblut der Sudetendeutschen, aber auch des Freistaates Bayern. Dieses Haus ist sichtbarer Ausdruck unserer Schirmherrschaft über den vierten Stamm. Dieses Haus ist geistig-kulturelles Zentrum der Volksgruppe. Es steht in München, sozusagen in der Hauptstadt der Sudetendeutschen nach der Vertreibung. München ist aber auch zweifelsohne ein politisches und geistig-kulturelles Zentrum in Deutschland. Inmitten dieses bayerischen Zentrums das sudetendeutsche Zentrum, so war es gedacht, so wurde es Wirklichkeit, – als Begegnungs-, Kultur- und Wissenschaftszentrum zum anregenden Austausch untereinander, mit dem bayerischen Umfeld und seit 1990 auch mit den tschechischen Nachbarn.
Das Haus hat in den vergangenen 20 Jahren die selbst gestellten, anspruchsvollen Aufgaben erfüllt. Ich danke der Sudetendeutschen Stiftung, die dieses Haus seit 20 Jahren umsichtig trägt. Ich danke besonders Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Fritz Wittmann, der Sie bis vor einem Jahr der Stiftung vorstanden und Ihr Amt dann an Herrn Dr. Singbartl weitergegeben haben. Und ich danke allen Institutionen hier im Haus, die mit viel Engagement und mit leidenschaftlicher Hingabe an der großen gemeinsamen Aufgabe arbeiten, Geschichte, Kultur und Identität der sudetendeutschen Volksgruppe in der Zerstreuung zu bewahren.
Doch jedes Haus, jede Institution, muss immer wieder seine Arbeit überprüfen. Werden die Ziele erreicht, die man sich vorgenommen hat? Hat sich das Umfeld verändert? Müssen wir uns neu aufstellen und ausrichten? Was kann besser und effizienter gemacht werden, auch bei knapper gewordenen Geldmitteln?
Ausrichtung des Sudetendeutschen Hauses auf die zukünftigen Herausforderungen
Diese und ähnliche Fragen muss sich auch das Sudetendeutsche Haus mit seinen Einrichtungen stellen. Bei aller Kraft und Stärke der Volksgruppe – es wird naturgemäß immer schwieriger werden, das ehrenamtliche Engagement der Landsleute so wie bisher zu mobilisieren. Weil dem so ist, ist es umso wichtiger, dass die bestehenden Strukturen so gestaltet werden, dass sie zukunftsfähig sind.
Deshalb ist zu fragen nach der internen Zusammenarbeit hier im Hause . Hier sind Institutionen versammelt, die doch alle letztlich am selben Ziel arbeiten, nämlich Geschichte und Kultur der böhmischen Länder und insbesondere die der sudetendeutschen Volksgruppe zu erforschen und weiter zu geben – wenn auch jeweils auf verschiedenen Ebenen.
Deshalb ist zu fragen nach der künftigen Zusammenarbeit mit dem Haus des Deutschen Ostens, das ja hier nebenan liegt. In keiner Hauptstadt eines deutschen Landes gibt es ein derart kompaktes und geballtes Bildungs- und Kulturzentrum für die Vertriebenen in so zentraler Lage wie hier in München. Diese ideale Konstellation von Sudetendeutschem Haus und Haus des Deutschen Ostens in unmittelbarer Nachbarschaft muss meines Erachtens künftig mehr für Synergieeffekte genutzt werden.
Es ist zu fragen auch nach der Qualität der einzelnen Einrichtungen. Denn nur durch Qualität wird man sich dauerhaft in der bayerischen, deutschen und europäischen Kulturlandschaft behaupten können. Qualität ist notwendig für den kulturellen und wissenschaftlichen Dialog im Lande, aber ebenso notwendig für den Dialog mit den tschechischen Nachbarn.
Wir streben ja – und das gilt besonders für mich – den politischen Dialog mit Tschechien an, um über die Lösung der sudetendeutschen Fragen offen und fair zu sprechen. Je breiter und intensiver der sudetendeutsch-tschechische Dialog auf allen kulturellen Ebenen läuft, umso besser für den politischen Dialog. Kulturelle und menschliche Begegnungen schaffen Vertrauen und sind somit eine gute Voraussetzung für Vertrauen auch in der Politik.
Immer mehr Menschen in Tschechien, gerade auch Kulturschaffende und Wissenschaftler, wenden sich der Geschichte der Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien zu, wenn ich z.B. an das geplante Collegium Bohemicum in Aussig denke. Das Sudetendeutsche Haus mit seinen Institutionen wird immer mehr zu einem wichtigen Ansprechpartner der tschechischen Seite werden – und als Ansprechpartner muss man auch attraktiv sein.
Attraktivität steigern, Strukturen verändern, das geht nur gemeinsam mit Ihnen, nicht gegen Sie. Aus Ihren Reihen müssen die Vorschläge, die Konzeptionen, die zukunftsweisenden Ideen kommen. Der Freistaat Bayern, das Schirmland mit seiner Verwaltung, hilft gerne mit bei der Suche nach den besten Lösungen für die Zukunft.
Die Fragen nach der zukünftigen Kultur- und Wissenschaftsarbeit der Sudetendeutschen sind mir wichtig, weil ich voll und ganz hinter dem stehe, was einmal Franz Josef Strauß gesagt hat: "Die Sorge der Sudetendeutschen um die Bewahrung ihrer Volksgruppenidentität, um die Erhaltung ihres geschichtlichen und kulturellen Erbes haben wir in Bayern zu unserer eigenen Sache gemacht ."
Weil dem so ist, möchten Christa Stewens und ich als Schirmherr, dass dieses Haus mit seinen Einrichtungen die weithin sichtbare, geachtete und geschätzte Visitenkarte der Sudetendeutschen bleibt und ein wichtiger Brückenpfeiler im Dialog mit Tschechien wird.
Meine Damen und Herren,
positiver Klimawandel durch die neue Bundesregierung
seit November des vergangenen Jahres haben wir eine neue Bundesregierung. Die Große Koalition hat sich daran gemacht, die großen Herausforderungen anzupacken, vor denen unser Land steht. Die Große Koalition bedeutet nicht nur für Deutschland, sondern auch für die deutschen Heimatvertriebenen einen positiven Klimawandel.
Sieben Jahre Rot-Grün waren der Versuch, die Heimatvertriebenen an den gesellschaftlichen Rand zu drängen, mit Kürzungen im Kulturbereich, die weit über das notwendige Sparen hinaus gingen, ihnen das Wasser abzugraben, im Ausland die Anliegen der Vertriebenen überhaupt nicht mehr anzusprechen, und das Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin zu verhindern. Die Union hat nun in den Koalitionsvereinbarungen durchgesetzt, dass in Berlin ein sichtbares Zeichen gesetzt werden soll, "um an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für immer zu ächten." Sie können mir glauben, dass es insbesondere auch mein Anliegen war, dass ein derartiger Passus in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben wird. Auch die Bundeskanzlerin hat sich ja im Herbst des vergangenen Jahres für das Zentrum gegen Vertreibungen ausgesprochen.
Und ich versichere Ihnen: Sollte es in dieser Frage nicht vorangehen, dann werde ich dies in den Koalitionsrunden, an denen ich als Parteivorsitzender der Christlich-Sozialen Union teilnehme, zu gegebener Zeit thematisieren.
Ein tschechischer Journalist hat es bei der letzten Tagung des Sudetendeutschen Rates in Marienbad treffend gesagt: "Meine Meinung ist: Das Zentrum gegen Vertreibungen ist ein Zeichen der Normalität Deutschlands. Tschechische Intellektuelle nehmen daran keinen Anstoß. Deutschland hat das Recht, seiner Geschichte und seiner Opfer zu gedenken, ohne dass von außen hier dreingeredet werden soll." Diesen Worten brauche ich nichts hinzuzufügen.
Zur Frage nach der Heilung des Vertreibungsunrechts
Neben den Hausaufgaben, die wir hier in München und in Berlin zu leisten haben, bleibt natürlich die Frage nach der Heilung des Vertreibungsunrechts. Kehren wir noch einmal in das Jahr 1946 zurück. Damals, im Herbst 1946, schrieb die "New York Times" über das namenlose Elend und das Leid der Vertreibung. Dies sei "ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", für das die Geschichte "eine fürchterliche Vergeltung" fordern werde (zitiert nach Spiegel Nr. 51-2005, Seite 56).
Die erste Feststellung stimmt: Auch wenn wir wissen, was in deutschem Namen den östlichen Nachbarn während der NS-Zeit angetan wurde: Die Vertreibung der Deutschen war ein Unrecht und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Von dieser klaren Feststellung gibt es kein Abrücken. Bereits Vaclav Havel hat im November 1989 die Vertreibung als "eine zutiefst unmoralische Tat " bezeichnet. Und er fuhr fort "auf Böses wiederum mit neuem Bösen zu antworten, bedeutet, das Böse nicht zu beseitigen, sondern es auszuweiten."
Die zweite Feststellung der New York Times ist Gott sei Dank nicht eingetroffen. Es waren die Vertriebenen selbst, die den Teufelskreis des Bösen mit ihrer Charta von 1950 durchbrachen. Recht und Wahrhaftigkeit forderten sie, nicht Vergeltung. Dies ist das große bleibende historische Verdienst der Vertriebenen.
Auch heute, 60 Jahre nach der Vertreibung gilt: Wahrhaftigkeit und Recht bleiben die Schlüssel zur Verständigung. Es war wiederum Havel, der am 15. März 1990 sagte: "Wir sind uns darin einig, dass die Grundvoraussetzung für die wirkliche Freundschaft unserer Völker die Wahrheit ist. Wie hart auch immer, soll sie doch gesagt werden." Dies waren Worte, die die Sudetendeutschen damals dankbar aufnahmen. Doch wir wissen auch: Es folgten in späteren Jahren auch ganz andere Worte über die Sudetendeutschen. Ich brauche hier vor Ihnen die Äußerungen von Zeman oder Spidla nicht zu wiederholen. Dies hat uns im Verständigungsprozess spürbar zurückgeworfen.
Wenn ich aber auf das vergangene Jahr zurückblicke, so gab es jetzt erfreulicherweise eine ganze Reihe von Gesten, die auf eine bessere Zukunft zwischen Tschechen und Sudetendeutschen hoffen lassen. Ich erinnere an die Tafel, die auf der Brücke in Aussig zur Erinnerung an das Massaker an den Sudetendeutschen angebracht wurde. Ich erinnere an die Bemühungen in Aussig, ein Collegium Bohemicum aufzubauen und dort die Geschichte der Deutschen in Nordböhmen darzustellen. Ich erinnere daran, dass Ihr Landsmann Franz Olbert in den letzten Monaten zwei Auszeichnungen vom tschechischen Staatspräsidenten Klaus bzw. vom tschechischen Außenminister erhalten hat. Ich erinnere an die Paroubek-Initiative, die ich grundsätzlich begrüßt habe. Natürlich ist dadurch in keinster Weise die kollektive Vertreibung der Sudetendeutschen gerechtfertigt. Und ich erinnere an den Besuch Ihres Sprechers Johann Böhm in Prag, Lidice, Theresienstadt und Aussig. Dieser Besuch hat große Aufmerksamkeit und Nachdenken in der Tschechischen Republik bewirkt. Auf Einladung von Staatsminister Sinner kamen im vergangenen November tschechische Senatoren und Abgeordnete nach München. Ein Höhepunkt war sicher der Besuch hier im Sudetendeutschen Haus, bei dem ein Blumengebinde am Kreuz im Foyer für die Opfer der Vertreibung niedergelegt wurde. Dies war eine bewegende und würdige Geste. Vergeben im christlichen Sinne – aber nicht Vergessen , das ist wahre Humanität. Das waren Zeichen und Gesten im vergangenen Jahr, hinter die man nicht zurückfallen darf. Im Gegenteil: Trotz der Wahlen in Tschechien müssen wir diesen Weg hin zum Dialog weiter gehen. Landtagspräsident Alois Glück wird im März nach Prag fahren. Auch ich will gemeinsam mit den Sudetendeutschen und als Ihr Schirmherr den Dialog mit der tschechischen Seite endlich ein Stück weit voranbringen. Ich habe bereits im letzten Jahr in Augsburg gesagt, dass es ein historischer Durchbruch wäre, wenn genau 60 Jahre nach der Vertreibung endlich der Dialog beginnen würde.
Der Dialog ist ein Anfang, er nimmt nicht das Ergebnis am Ende vorweg. In diesem Dialog geht es für mich vor allem um ethische, nicht um materielle Fragen. Es wäre in der Tat ein Sieg der Humanität, des Rechts und der Europäischen Wertegemeinschaft, wenn am Ende des Dialogs die Beseitigung des sog. "Straffreistellungsgesetzes" und die Aufhebung jener Beneš-Dekrete stünden, die Sie als Sudetendeutsche betreffen. Eine derartige Aufhebung würde die Sudetendeutschen aus der Verstoßung und Diskriminierung heraus- und in die Heimat und die Geschichte Böhmens wieder zurückholen.
Wie so oft in der Vergangenheit sage ich auch heute: Die Hände der Sudetendeutschen, die Hände des Schirmherrn sind ausgestreckt. Wir sind bereit zum Dialog.
20 Jahre sind für ein Haus, das so fest gebaut ist wie dieses, eine kurze Zeit. Aber es hat schon viel gesehen. Die Wende in Europa, die Deutsche Einheit, Freiheit und Demokratie für Ihre alte Heimat Böhmen, die Aufnahme Ihrer Heimat in die Europäische Union, die humanitäre Geste der tschechischen Senatoren und Abgeordneten hier im Haus. Ich bin sicher, dieses Haus wird auch noch den Dialog zwischen Bayern, Tschechen und Sudetendeutschen sehen.
Mein herzlicher Dank gilt den Münchner Symphoniker, die diesen Festakt mit herrlicher Musik bereichern.
Alles Gute und Gottes Segen diesem Haus, seinen Einrichtungen und der sudetendeutschen Volksgruppe insgesamt. Ad multos annos!

Grußwort der Sozialministerin

20 Jahre Sudetendeutsches Haus in München
Sozialministerin Stewens: Heimstatt für Kultur der sudetendeutschen Volksgruppe – Vertriebene sind Brücke zu osteuropäischen Nachbarn
„Das Sudetendeutsche Haus ist als Sitz der wichtigsten Institutionen der Sudetendeutschen seit 20 Jahren Heimstatt und Förderer der Kultur der sudetendeutschen Volksgruppe.“ Mit diesen Worten hob heute Bayerns Sozialministerin Christa Stewens die Bedeutung des Sudetendeutschen Hauses anlässlich dessen 20-jährigen Bestehens hervor. „Zugleich ist es sichtbarer Ausdruck der Schirmherrschaft des Freistaates Bayern für die Sudetendeutschen“, betonte Stewens in München.
1985 wurde das Sudetendeutsche Haus in München von der Sudetendeutschen Stiftung mit wesentlicher finanzieller Hilfe des Freistaates Bayern errichtet. Die Sudetendeutsche Stiftung selbst war im Jahr 1970 als Ausfluss der seit 1954 bestehenden Schirmherrschaft des Freistaates Bayern für die Sudetendeutschen zur Förderung der Kulturarbeit der sudetendeutschen Volksgruppe im In- und Ausland errichtet worden.
Stewens: „Die Vertriebenen nehmen wichtige Aufgaben im Bereich der Integration wahr und sind eine Brücke im Europa des 21. Jahrhunderts zu unseren osteuropäischen Nachbarn. Ich begrüße es deshalb ausdrücklich, dass sich die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag wieder verstärkt den Grundsatzfragen im Vertriebenenbereich zuwendet.“ Das Sudetendeutsche Haus stehe allen Kreisen der Bevölkerung offen und biete zahlreiche Veranstaltungen sowie eine wissenschaftliche Bibliothek mit mehr als 140.000 Bänden.

Grußwort der BdV Präsidentin

BdV Bund der Vertriebenen Vereinigte Landsmannschaften
und Landesverbände e.V.
PRÄSIDENTIN
Erika Steinbach, MdB GRUßBOTSCHAFT Bonn, den 20. Januar 2006
Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender! Leider kann ich Ihrer freundlichen Einladung zum 20-Jährigen Jubiläum des Sudetendeutschen Hauses nicht persönlich folgen.
Gleichwohl möchte ich keinesfalls verabsäumen, mich für die stetige, vorbildliche und größtenteils ehrenamtlich geleistete Arbeit der Sudetendeutschen Landsmannschaft und anderer Einrichtungen ausdrücklich auch namens des Bundes der Vertriebenen sehr zu bedanken. Es ist den verschiedenen in Ihrem Haus beheimateten Einrichtungen über die Jahrzehnte gelungen, nicht nur vielen Landsleuten aus Böhmen, Mähren und Sudeten-Schlesien, sondern auch Wissenschaftlern aus aller Welt eine erstklassige Referenz zu sein und kompetent Auskunft zu geben. Die in Ihrem Haus tätigen sudetendeutschen Einrichtungen haben Wesentliches geleistet zur Aufarbeitung der Geschichte der böhmischen Länder und zur Dokumentation ihrer vielhundertjährigen Kulturleistungen, die von Generationen Menschen unterschiedlicher Nationalität und Konfession neben-, mit- und leider auch oft gegeneinander geschaffen wurden.
Der BdV wünscht dem Sudetendeutschen Haus und den in ihm tätigen und mit ihm verbundenen Einrichtungen besten Erfolg für die auch künftig unverzichtbare Arbeit. Insbesondere danken wir seitens des Bundes der Vertriebenen für die konstruktive Zusammenarbeit der in Ihrem Haus ansässigen Einrichtungen mit tschechischen Einrichtungen und Verbänden, die sich – wie Sie – Gedanken der Verständigung und des Ausgleichs verbunden wissen.
Ihr verehrter Vorgänger im Stiftungsvorsitz, Herr Dr. Fritz Wittmann – zugleich mein Vorgänger im Vorsitz des Bundes der Vertriebenen -, hat hierfür immer den Begriff der Volksdiplomatie verwendet; ich halte ihn für sehr geglückt, denn er bezeugt, daß wissenschaftlicher und auch menschlicher Austausch oft sehr viel weiter und schneller gedeihen als die politischen Kontakte.
Seitens des Bundes der Vertriebenen wünsche ich dem Sudetendeutschen Haus und den in ihm tätigen Einrichtungen weiterhin viel Erfolg und angemessene Resonanz in der deutschen und der tschechischen Öffentlichkeit.
Mit freundlichem Gruß
Erika Steinbach

Sudetendeutsche Stiftung

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